Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde,
in diesen Tagen wurde und wird in Europa über Gegenwart und Zukunft Griechenlands verhandelt. Eine letztliche Einschätzung des Verhandlungsmarathons steht noch aus und wir sollten an erster Stelle den Menschen und der Regierung in Griechenland das Privileg einräumen diese Bewertung vorzunehmen.
Mit dem Referendum in der Vorwoche hat das griechische Volk einer weiteren perspektivlosen Kürzungspolitik eine Absage erteilt. Liest man die jetzt veröffentlichten Punkte aus den Verhandlungen der Brüsseler Nächte scheinen die die meisten verantwortlichen PolitikerINNen der europäischen Politik das Ergebnis des Referendums zu negieren. Ungeklärt erscheint ob die drastischen Auflagen damit verknüpft werden dringende Investitionen und den Abbau der vorhandenen Schulden zumindest in der Substanz zu ermöglichen.
Festzustellen ist allerdings, dass es keine Abkehr von der unverantwortlichen Austeritätspolitik geben soll. Auch wenn es zwischen den Akteuren unterschiedliche Auffassungen gab – die Hardliner um Finanzminister Schäuble haben die Richtung für die europäischen Spitzen in hohem Maße beeinflusst. Alexis Tsipras hat zweifelsfrei versucht die Ergebnisse für das eigene Land und die griechische Politik verantwortungsbewusst in die Debatte einzubringen. Wie gesagt lasst uns mit der Bewertung noch abwarten und schauen wie die Reaktionen aus Griechenland ausfallen werden.
Für uns in Deutschland empfinde ich die Gesprächsausrichtung der Bundesregierung beschämend. Sie schließt nahtlos eine mediale Übermacht ein, die offenkundig den Weg in den Grexit und damit in eine weitere Zuspitzung der humanitären Katastrophe für die Menschen beförderte und die Chancen für eine wirtschaftliche Erholung von Hellas vermindert.
Als Initiative „GewerkschafterINNen für Frieden und Solidarität“ sollten wir gemeinsam und jeweils weiter aktiv für die Solidarität mit Griechenland eintreten. Wir sollten Veranstaltungen organisieren um über die Hintergründe aufzuklären. Wir sollten die Diskussionen in die Betriebe und Verwaltungen tragen, um mehr Kolleginnen und Kollegen zu informieren und aufzufordern mitzumachen beim Kampf um ein anderes und besseres Europa.
Dabei sollten für uns aktuell folgende Punkte im Zentrum stehen:
- Die humanitären Zustände und das wirtschaftliche Desaster in Griechenland ist nicht Auslöser für die kaum überwindbare Katastrophe – sie ist zum allergrößten Teil Ergebnis der so genannten „Rettungspolitik“ durch Austerität und den Rückbau von sozialen und tariflichen Rechten.
- Die so genannten „Rettungsaktionen“ haben dazu geführt, dass aus den Schulden der Banken Schulden des Staates wurden und die Staatsverschuldung von etwa 120 Prozent auf rund 180 Prozent angestiegen ist.
- Die medizinische Versorgung von Millionen Menschen in Griechenland ist völlig unzureichend und erinnert in ihrem Zustand an ein Entwicklungsland – das ist für Europa blamabel und für die Menschen unerträglich
- Die Rechte der ArbeitnehmerINNen wurden immer mehr beschnitten und die Einkommensverluste haben ein Maß erreicht, dass immer mehr Menschen in Armut geraten sind.
- Die Lebenssituation für RentnerINNer ist inhuman und stellt das Land vor kaum lösbare Aufgaben
Unabhängig davon, dass die Aufklärung über die Situation in Griechenland weiter vorangetrieben werden muss, dass es eine große Herausforderung bleibt der medialen Berichterstattung mit sachlichen Argumenten entgegenzutreten und immer wieder zu versuchen über Zusammenhänge aufzuzeigen, wird es immer wichtiger die Verantwortung der deutschen und europäischen Politik nachzuweisen.
Die bisher bekannten Ergebnisse der Nacht in Brüssel dürfen nicht auf die Griechenland reduziert werden. Sie machen deutlich, dass es keine Abkehr von der seit Jahren fehlorientierten Politik geben soll. Sie unterstreichen die Notwendigkeit nach einem Politikwechsel in Europa und den berechtigten Forderungen hin zu sozialer Verantwortung und demokratischer Neuausrichtung. Sie erfordern ein Ende einer Wettbewerbsordnung, die alles billiger und nichts besser machen soll. Für uns in Deutschland machen sie nachhaltig deutlich, dass auch in unserem Land ein Politikwechsel dringend erforderlich ist. Dafür können wir weder die Griechen noch irgendwen anderes verantwortlich machen – das ist unsere ureigene Aufgabe und die müssen wir angehen.
Hierzu sollten wir Veranstaltungen organisieren, Informationen und Diskussionen anzubieten. Hierzu sollten wir über Aktionen und Aktivitäten nachdenken. Es gibt viel zu tun – lasst uns gemeinsam dafür eintreten.
In diesem Sinne eine erste Einladung nach Hagen:
Donnerstag, 16. Juli 19.00 Uhr – Kulturzentrum Pelmke – Griechenland nach dem Referendum-Chaos oder Chance ?
Referent: Dimos Rakanidis
Die Griechinnen und Griechen haben sich mit ihrem Referendum deutlich gegen eine Politik des sozialen Kahlschlags und der wirtschaftlichen Trümmerfelder ausgesprochen. Gleichzeitig haben Regierung und Parlament ein deutliches Bekenntnis zu einem Verbleib in der Euro-Zone formuliert. Die politisch Verantwortlichen in Deutschland und in der EU, sowie die aus den sogenannten „Institutionen“ sind nun aufgefordert mit den Griechen gemeinsame Lösungen zu finden.
Der Referent Dimos Rakanidis wird als Mitglied von Syriza nach einen kurzen Rückblick über die letzten 5 Jahre in Griechenland das Ergebnis des Referendums bewerten und Einschätzungen zu weiteren Vorgehensweisen, sowie der Konsequenzen einer Staatspleite und eines Grexits vornehmen. Darüber hinaus wird der VWL-Student über die Entstehung von Syriza, Podemos und anderen politischen neuen Bewegungen in Europa diskutieren.
Der Link zum weitersagen: http://hagen.dgb.de/++co++e201d36c-26e2-11e5-b057-52540023ef1a
DGB-Klartexte zum Thema: klartext-27-2015-Griechenland-Es-geht-auch-um-unsere-Zukunft
klartext-28-2015-Eurozone-Grexit-verhindert-Kuerungskurs-geht-weiter