Liebe Kolleginnen und Kollegen,
am vergangenen Samstag haben wir in Bochum für „Frieden und Solidarität“ demonstriert. Allen, die in der Vorbereitung mitgeholfen haben und allen, die teilgenommen haben, ein herzlicher Dank. Es war ein erstes gutes Signal der Gewerkschaften in der Region. Lasst uns gemeinsam und mit noch viel mehr Kolleginnen und Kollegen weitermachen. Es ist an der Zeit noch aktiver gewerkschaftliche Zeichen zu setzen, in den betrieblichen Auseinandersetzungen am Ball zu bleiben und unseren politischen Druck zu erhöhen.
Weiter unten ein Bericht von der Veranstaltung und die Einladung an alle Interessierten zum nächsten gemeinsamen Ratschlag am 11. Juni 2015. Konkrete Einladung folgt.
Mit kollegialen Grüßen
für die Initiative
Jochen Marquardt
9. Mai 2015 – für Frieden und Solidarität in Bochum
Nach Kundgebungen zum „Tag der Arbeit“, Gedenkveranstaltungen zum Tag der Befreiung trafen sich viele GewerkschafterInnen und andere Menschen am 9. Mai in Bochum, die besorgt über die wachsenden Kriegsgefahren und eine Politik der Spardiktate in Europa sind. Sie fanden sich zur Auftaktkundgebung vor dem Hauptbahnhof ein und demonstrierten zum Schauspielhaus. Gudrun Müller (ver.di Bochum-Herne) und Rainer Einenkel (ehem. Opel-Betriebsrat), eingerahmt durch Lieder von Frank Baier, begrüßten vor dem Bahnhof und machten bereits zu Beginn deutlich, dass es gute Gründe gibt an den 70. Jahrestag und den Schwur
„Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus“ zu erinnern und diese Erinnerung wach zu halten. Die Gefahren von Rechts sind nicht gebannt und fordern zu wachem Blick und konsequentem Widerstand auf. Zusätzlich bleiben die Herausforderungen für eine bessere Welt an vielen weiteren Punkten auf der Tagesordnung. Müller bat um Solidarität mit den vor einem Streik stehenden Beschäftigten in den Sozial- und Erziehungsberufen und erhielt auf diese Aufforderung starken Beifall. Einenkel schlug den Bogen von der Geschichte in die Gegenwart. „Es gilt, den alten und neuen Nazis mit Widerstand zu begegnen.“
Gleichzeitig forderte er den Erhalt von guter Arbeit für alle in einer Wirtschaft, die sich den Interessen der Menschen verpflichtet. Diese Umsetzung benötigt allerdings einen Politikwechsel in Deutschland und Europa. Liedermacher Frank Baier begleitete die Redebeiträge mit alten und neuen Texten aus seinem großen Repertoire von Widerstandsliedern der vergangenen Jahrzehnte.
Im Anschluss an den Auftakt bewegte sich ein Demonstrationszug durch die Stadt zum Schauspielhaus, wo er musikalisch von den
Gruppen Klaus Köhler und ewo2 sowie Michael Zachcial von den Grenzgängern empfangen wurde. Miltiadis Oulios, Funkhaus-Europa Moderator, begrüßte die Demonstranten von der Bühne und führte durchs Programm, an dessen Beginn ein Grußwort von Sabine Reich, geschäftsführende Dramaturgin des Schauspielhauses, und eine Rede des DGB-Geschäftsführers Jochen Marquardt standen. Während Sabine Reich die enge Verbundenheit des Hauses mit der Erinnerungsarbeit an Faschismus und Wiederaufbau von Kultur in Bochum verband, stellte
Marquardt Verbindungslinien zwischen dem 70. Jahrestag der Befreiung als Vermächtnis für den Kampf um Frieden, gegen Rechts und Fremdenfeindlichkeit sowie den aktuellen Entwicklungen der Austeritätspolitik in Europa und in Deutschland her. Für ihn ist es an der Zeit aus der Erkenntnis gegen Rechts und den Wünschen nach einer sozialen und demokratischen Politik in Europa aktive Taten folgen zu lassen. Dafür sei die Veranstaltung vor dem Schauspielhaus ein guter Beginn. Es müsse weitergehen in Bochum, im Land, Bund und in Europa. Es müsse Schluss gemacht werden mit neoliberalen Glaubensbekenntnissen, die sich als Trugschluss erwiesen haben und die genauso wenig zum Erfolg führen könnten, wie ein „Verbot von Regen bei der Überwindung von Dürrekatastrophen“.
Die Rede war dann auch Basis für die Vertiefungen, die Horst Schmitthenner, ehem. IGM-Vorstandsmitglied vollzog. Der immer noch für die IG Metall im Verbindungsbüro sozialer Bewegungen aktive Kollege, öffnete mit seiner Rede einen Blick in die Welt, der davon geprägt war, Kriegsgebiete zu benennen und darauf hinzuweisen, dass Krieg nachweislich nicht zur Lösung von Konflikten in der Welt beiträgt. Die Perspektive muss auf politische Konfliktlösungen fokussiert werden. Das zeigen die Erfahrungen der Vergangenheit und das beweisen die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Gegenwart. Nicht Krieg und Waffen sind erforderlich, sondern gemeinsame Verhandlungen und eine Politik der Entspannung und Suche nach Friedensordnungen. In diesem Zusammenhang geißelte er auch die Politik der EU, die mitverantwortlich für die vielen Toten im Mittelmeer sei. Die Ursachen für Flucht müssen beseitigt werden und für die Flüchtlinge sind sichere Wege zu schaffen, niemand dürfe mehr auf der Flucht vor dem Tod sterben. Seine Rede enthielt auch eine klare Anforderung an die Gewerkschaften das Thema Rüstungskonversion wieder verstärkt anzugehen.
Claudia Zinn als Vertreterin der jungen Generation schloss sich diesen Ausführungen an und betonte für die DGB -Jugend den notwendigen Kampf gegen alte und neue Nazis. Dafür gibt es große Übereinstimmungen in den Gewerkschaftsjugenden und weit darüber hinaus. Der Kampf gegen Rechts bleibt für die Jugendsekretärin von ver.di auf der Tagesordnung und muss in all seinen Facetten weiter gehen und wo nötig auch noch verstärkt werden. Er steht im engen Zusammenhang mit den antimilitaristischen Traditionen in den Jugendorganisationen. Das soll so bleiben und in diesem Zusammenhang lobte sie die Initiative der Willi Brand Gesamtschule in Bochum, die als erste NRW-Schule einen gemeinsamen Beschluss gefasst hat, keine Vertreter der Bundeswehr als Werber in ihre Schule zu lassen.
Besonders erwartet auf der Kundgebung wurde die Rede von Giorgos Chondros, einem Mitglied der griechischen Regierungspartei Syriza. Der deutsch sprechende Grieche formulierte die Wünsche der großen Mehrheit des griechischen Volkes und Herausforderungen an die Politik im eigenen Land und in Europa. Nach seinen Aussagen geht es im Land vor allem darum, durch ein Notprogramm die schlimmsten Folgen der verordneten Spardiktate zu stoppen und die Lebenslagen der Menschen erträglicher zu machen. Dazu zählen der Kampf gegen Hunger und Armut und die Gesundheitsversorgung. Weiterhin muss es darum gehen die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, um Arbeit zu schaffen und Wachstum zu ermöglichen. Selbstverständlich für ihn, dass auch Arbeits- und Tarifbedingungen wieder neu zu organisieren sind. Ferner steht die Neuorganisation des Staates, inclusive zuverlässiger Steuerpolitik und Neuorganisation der Arbeits- und Verwaltungsstrukturen auf der Tagesordnung. Wesentliche Voraussetzung dafür ist es, die finanziellen Rahmenbedingungen mit der EU zu klären. Bisher, so der Redner, ist Griechenland nicht einen Euro der verabredeten Schuldenrückzahlungen schuldig geblieben. Ausgeblieben dagegen sind die verabredeten Kredite durch die Gläubiger. Chondros wies darauf hin, dass es keineswegs und in erster Linie darum gehe, die aktuelle Politik als ein Finanzproblem für EU, EZB und IWF auszumachen. Vielmehr soll der Erfolg einer linken Regierung verhindert werden. Vor diesem Hintergrund waren sich der Redner aus Griechenland, die gewerkschaftlichen Initiatoren und die Besucher der Kundgebung einig: Jetzt ist Aufklärung und Solidarität angesagt.
Diese Schlusslosung fand im abschließenden Beitrag der griechischen Folklore-Tanzgruppen aus Bochum und Gevelsberg unter dem Motto „Wir lassen die Verhältnisse Sirtaki tanzen“ einen fröhlichen aber auch kämpferischen Abschluss.
Der 9. Mai 2015 in Bochum war ein guter Auftakt der Öffentlichkeitsarbeit. Bei der Teilnehmerzahl mit etwa 750 Menschen hält die Initiative fest: „Es waren weniger als gewünscht – aber mehr als befürchtet!“ Es sind noch dicke Bretter zu bohren, um der Erkenntnis über die Notwendigkeit von Frieden und Solidarität noch stärker und sichtbarer Wahrnehmung zu verschaffen und die Forderung öffentlicher zu machen.
Ein nächstes Treffen der Initiative in der DGB-Region ist für den 11. Juni geplant. Dort soll über nächste Schritte und Aufgaben beraten werden.